Stell dir vor, du bekommst Schuppenflechte mit sechs Jahren und niemand weiß, was es ist? Stell dir vor, es dauert Jahre, bis jemand die Diagnose Psoriasis stellt und deine Haut in der Zwischenzeit immer schlechter wird. Genau so ist es Michael ergangen, der seine Geschichte im Skinfluencer Interview erzählt.

Die neue Interview-Reihe mit Psoriasis-Betroffenen: Skinfluencer

Es ist wieder soweit! Ein weiteres Interview in unserer Reihe „Skinfluencer“ erscheint. Im Mittelpunkt stehen dabei immer ganz normale Schuppenflechte-Patienten – so wie du und ich. Zukünftig werden in regelmäßigen Abständen bei Farbenhaut Interviews mit Leidensgenossen erscheinen – zusätzlich zu informativen Berichten und anderen Specials. An dieser Stelle bedanken wir uns bei Michael für das heutige Interview. Er war mutig und teilt hier seine Geschichte. Unsere bisherigen Interviews findest du übrigens an dieser Stelle.

Das Interview mit Michael

1. Willst du dich kurz vorstellen und uns etwas zu deinem bisherigen Krankheitsverlauf erzählen?

Es ging los mit 6 Jahren, zumindest laut meiner Mutter. Am Anfang wusste niemand so recht, was es genau ist und war nur sehr vereinzelt an meinem Körper zu sehen. Da mein vierzigster Geburtstag den einen oder anderen Tag her ist, war die Medizin damals auch noch nicht so ausgereift und die Diagnose noch etwas anders. Nach einigen Jahren stand sie dann aber doch, die Diagnose Schuppenflechte. Wir wussten erst gar nicht so recht, was man damit anfangen soll, aber nach und nach haben wir verstanden, wie schlimm das wirklich ist. Es wurde über die Jahre auch immer schlimmer, besonders in der Pubertät hatte ich einige Schübe und mit meinem Selbstwertgefühl zu kämpfen.

2. Was hat sich bei dir seit dem Ausbruch der Krankheit verändert?

Vieles. Sehr vieles. Wobei ich es ja schon immer habe, von dem her kein Leben ohne Schuppenflechte kenne. Aber ich kenne ein Leben mit immerhin weniger Schuppenflechte. Ich meide das Schwimmbad, fühle mich im Sommer nicht mit kurzen Hosen wohl und immer wenn ich irgendwo sitze, reinige ich nachher meinen Stuhl. Zu viel Schuppen liegen da nach wenigen Augenblicken rum. Das nervt und bringt mich noch heute ab und zu in Verlegenheit.

3. Welche Therapien hast du bereits ausprobiert und was wurde daraus?

Ich habe schon so vieles probiert. Vieles hat auch irgendwie geholfen, war mir aber dann immer zu anstrengend oder hat direkt nach dem Absetzen nicht mehr gewirkt. Jetzt konzentriere ich mich auf die Natur und nutze nur noch pflanzliche Cremes usw. Zwar hilft dies meiner Haut, aber ganz weg bringe ich die roten Stellen nicht. Auch die Schuppen schwanken von Tag zu Tag und nerven. Es hat lange gedauert, bis ich mich und die Krankheit so akzeptieren konnte und keine Therapie im eigentlichen Sinn mehr brauche.

4. Welche Tipps und Tricks kannst du allgemein an andere Betroffene weitergeben?

Nimm dir Zeit für dich und deine Krankheit. Beschäftige dich mit allen Möglichkeiten, die es heutzutage gibt. Ich habe viele Jahre gebraucht, um dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Ich weiß vieles über die Krankheit, was mir gerade in schweren Zeiten hilft. So doof es klingt, ich bin in den letzten Jahren auch religiöser geworden und dies hilft mir auch, mit der Krankheit besser umzugehen.

5. Was war dein positivstes, was dein negativstes Erlebnis im Zusammenhang mit Schuppenflechte?

Ich lese ja die Interviews bei euch fleißig und das war immer die Frage, die ich nicht beantworten konnte. Was ist schon positiv, wenn man Schuppenflechte hat? Da fällt mir wenig ein. Vielleicht noch, dass ich meinen Körper und mich deutlich besser kenne, als so manche andere Gesunde.
Negativ war vor allem meine Pubertät. Ich schämte ich, raus zu gehen. Mein Selbstbewusstsein war im Keller. Als alle eine Freundin hatten, habe ich mich nicht einmal mit Mädels zu reden getraut. Das war eine harte Zeit, da gleichaltrige in dem Alter auch fies sein können. Viele Aktivitäten, wie ins Freibad zu gehen, konnte ich auch nicht mitmachen.

6. Was läuft deiner Meinung nach derzeit im Umgang mit Psoriasis falsch?

Der Fokus liegt viel zu sehr auf der Schulmedizin. Klar, sie ist wichtig und hilft auf alle Fälle kurzfristig. Aber langfristig ist es kein Wundermittel, sondern hilft immer nur akut. Ich finde es auch toll, dass Farbenhaut einen zentralen Platz für die Krankheit schaffen will. Ich finde, Aufmerksamkeit würde uns nicht schlecht tun.

7. Was würdest du zu Jemandem sagen, der kürzlich die Diagnose Psoriasis bekommen hat?

Boah, schwierig. An sich keine schöne Diagnose. Aber hey, immerhin stirbt man davon nicht. Aber mal ganz im Ernst. Es nervt zwar, tut oft weh und man kommt sich doof vor. Aber alles in allem habe ich ein gutes Leben und seitdem ich die Krankheit und mich akzeptiert habe, ist auch mein Selbstvertrauen hoch. Es gibt nichts zu verstecken!

8. Welche Themen bzw. Schwerpunkte würdest du dir zukünftig bei Farbenhaut wünschen?

Mich interessieren vor allem die Geschichten von anderen Betroffenen, aber auch alles andere rund um das Thema Schuppenflechte. Macht weiter so.

Du möchtest auch deine Geschichte teilen?

Nun bist du an der Reihe! Hilf mit, Psoriasis vom fauchenden Löwen zum zahmen Kätzchen zu machen. Mach anderen Mut, offener und selbstbewusster mit der eigenen Krankheit und dem eigenen Körper umzugehen. Verrate deine Tricks, was dich zum Lachen oder zum Verzweifeln bringt. Und wie Willy Brandt schon zu sagen pflegte: „Der beste Weg die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten“. Hilf also auch du mit, die Geschichte von Psoriasis neu zu schreiben und erzähle mindestens zwei Millionen Betroffenen im deutschsprachigen Raum deine Story.