Eine gute persönliche Hygiene hält Krankheitserreger in Schach und uns Menschen gesund. Immer wieder taucht aber die Frage auf, ob es ein Zuviel an Sauberkeit gibt. Vor allem in Bezug auf Autoimmunerkrankungen steht Hygienisierung und übertriebene Sauberkeit in Verdacht, Erkrankungen auszulösen. Schuppenflechte, Asthma und andere Symptome können dann die Folge sein.
Gibt es ein “Zuviel” an Hygiene? Wird man trotz oder gerade wegen Hygiene krank?
Inhalt:
Was versteht man unter Hygiene?
Auch wenn der Begriff Hygiene exotisch klingt, so weiß ein jeder, dass es dabei um Sauberkeit geht. Folgende Definition erklärt den Begriff etwas genauer:
“Unter Hygiene versteht man die Lehre von der Gesunderhaltung des Menschen durch Reinhaltung des Körpers und der Kleidung sowie der Arbeitsumgebung. Dazu zählen insbesondere Maßnahmen, die die ungewollte Vermehrung von Bakterien und Mikroorganismen und so die Ausbreitung von Krankheiten verhindern.” 1)
Vereinfacht geht es also darum, die Gesundheit zu erhalten und Krankheiten zu vermeiden. Spricht man von Hygienemethoden, so kann dies den Arbeitsplatz betreffen (Arbeitshygiene) oder aber auch das Privatleben. In diesem Falle spricht man von persönlicher Hygiene.
Was bedeutet “Hygiene”?
Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet “Der Gesundheit dienend”.
Die Geschichte der Hygiene
Auch wenn moderne Desinfektionsmethoden erst seit einigen Jahrzehnten auf dem Markt sind, so ist die Idee von Hygiene Jahrtausende alt. Schon in der Antike wurden Erkrankte in spezielle Schlafstätten gebracht. So sollte die Ausbreitung von Krankheitsepidemien verhindert werden. Mit dem Ausbruch der Pest im Mittelalter wurden erste Versuche unternommen, systematisch für Sauberkeit zu sorgen. An Pest verstorbene Personen wurden hinter die Stadtmauern transportiert und die Straßen von Abfall gereinigt. Dennoch dauerte es noch bis ins 19. Jahrhundert, bis systematische Methoden eingeführt wurden, den Ausbruch von Krankheiten einzudämmen. Das Desinfizieren von Händen, die Identifizierung von krankheitserregenden Bakterien und die Entdeckung von Penicillin sind einige der Meilensteine auf dem Weg zur Hygiene, wie wir sie heute kennen.
Wie sieht gute Hygiene aus?
Eine gute Hygieneroutine hilft dabei, gesund zu bleiben und Keime im Schach zu halten. Doch das regelmäßige Zähneputzen und Händewaschen hat nicht nur körperliche Vorteile. Untersuchungen zeigen, dass gute Körperhygiene sich auch positiv auf die Psyche auswirkt. Denn wer sich pflegt, fühlt sich auch besser im eigenen Körper.
Welche Bestandteile umfasst eine gute Reinigungsroutine?
Natürlich hat jede Person ein eigenes Sauberkeitsempfinden. Auch welche Routinen als gut und sinnvoll angesehen werden, ist sehr individuell. Dennoch gibt es einige Komponenten, die als Teil einer guten Hygieneroutine angesehen werden.
Toilette
Nach dem Benutzen der Toilette solltest du dir die Hände ordentlich waschen. Dazu eignet sich am besten Seife. Diese wird 20-30 Sekunden in den Händen verrieben und anschließend wieder abgewaschen. Wichtig ist, auch dass du die Fingerzwischenräume und Nägel nicht vergisst. Falls kein Wasser oder Seife zur Hand ist, kannst du auch ein Desinfektionsmittel verwenden.
Baderoutine
Wie oft sich jemand duscht oder badet, hängt von den persönlichen Vorlieben ab. Die meisten Menschen duschen sich zumindest alle zwei Tage. Auch das Haarewaschen ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Mit der Verwendung von Shampoo oder Seife werden alte Hautschuppen abgetragen und Rückstände auf der Haut entfernt.
Nägel
Auch die Nägel sollten bei der Körperpflege nicht vergessen werden. Unter den Nägeln sammeln sich schnell Ablagerungen und Bakterien. Es wird daher empfohlen, die Nägel regelmäßig zu kürzen und zu reinigen.
Zähne
Die Zahngesundheit ist nicht nur wichtig für ein strahlendes Lächeln. Gesund Zähne tragen maßgeblich zu einem gesunden Körper bei. Daher sollten die Zähne regelmäßig geputzt und von einem Zahnarzt kontrolliert werden. Zahnärzte raten dazu, die Zähne morgens und abends zu putzen und Zahnseide zu verwenden.
Hände
Da wir unsere Hände ständig benutzen, spielen sie für die Sauberkeit eine besondere Rolle. Sie sollten regelmäßig gewaschen werden. Vor allem in diesen Fällen:
- Wenn du mit Essen hantierst
- Bevor du etwas isst
- Wenn du mit Müll oder Verschmutzungen in Kontakt kommst
- Nach dem Niesen oder Husten
- Wenn du Tiere angefasst hast
Natürlich solltest du dir auch die Hände waschen, falls du Kontakt mit kranken Menschen oder mit Wunden zu tun hast.
Kann Hygiene krank machen?
Es ist unbestreitbar, dass Hygiene eine wichtige Rolle beim Gesundbleiben spielt. Dennoch gibt es einige Stimmen, die sich gegen ein Zuviel an Sauberkeit aussprechen.
Untersuchungen zeigen, dass Allergien und Autoimmunerkrankungen in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen haben. Dies betrifft vor allem die Industrieländer. Hier stechen vor allem Stadtbewohner hervor. Im Gegensatz dazu sind Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, deutliche seltener von diesen Erkrankungen betroffen.
Doch was sind die Gründe dafür? Dazu muss man verstehen, wie das Immunsystem funktioniert.
Exkurs Immunsystem
Unser Immunsystem schützt den Körper vor Krankheitserregern, Schadstoffen und kranken Zellen (z.B. Krebszellen)
Den ersten Schutz vor Bakterien, Schadstoffen, Viren oder ähnlichem ist unsere Haut. Sie schirmt den Körper nach außen ab. So verhindert sie, dass Krankheitserreger in unseren Körper eindringen.
Gelangt ein Krankheitserreger dennoch in den Körper, so greift unser Immunsystem diese Erreger an.
Unter dem Begriff Immunsystem werden vor allem die weißen Blutkörperchen verstanden. Diese werden im Knochenmarkt gebildet und auch Leukozyten genannt. Ein besonders wichtiger Typ der Leukozyten sind die Lymphozyten. Die Lymphozyten wirken auf unterschiedliche Weise. Ein Teil der Lymphozyten, die T-Killerzellen, greift aktiv alles an, was ihnen fremd erscheint. Ein anderer Teil wird B-Zellen genannt. Diese B-Zellen bilden Antikörper gegen alles, was sie nicht kennen.
Wenn die Körperpolizei im Gleichgewicht ist und zusammenspielt, so hält sie unseren Körper gesund. Wenn dieses Zusammenspiel aus dem Gleichgewicht gerät, drohen Infekte, Allergien und Autoimmunerkrankungen wie der Schuppenflechte.
Die Hygienehypothese
Grundlage für ein starkes Immunsystem ist, dass es in jungen Jahren die Gelegenheit hatte, sich auszubilden. Durch die Konfrontation mit Krankheitserregern desensibilisiert sich das Immunsystem und bildet Antikörper. Es wird sozusagen robust und baut sich sein Waffenarsenal auf. Daher ist es wichtig, dass unser Immunsystem mit Mikroorganismen, Bakterie und anderen Stimuli in Berührung kommt.
Durch unsere hohen Hygienestandards und hochpotenten Reinigungs- und Desinfektionsmittel leben wir heutzutage in einer sehr sauberen Umgebung. Das bedeutet, dass das Immunsystem oftmals nicht genügend Reize bekommt, um sich vollständig zu entwickeln. Aggressive Putzmittel und der Wunsch in einem lupenrein sauberen Haushalt zu leben, führen oft dazu, dass kaum mehr Mikroorganismen in der Umgebung vorhanden sind. Häufiges Duschen und starke Desinfektionsmittel stören das natürliche Gleichgewicht der Haut.
Diese keimfreie Umgebung hat zwei schwerwiegende Effekte:
Zum einen bietet sie dem Immunsystem keine Gelegenheit, sich ordentlich zu entwickeln und starke Abwehrmechanismen auszubilden. Zum anderen führt ein extrem sauberer Haushalt dazu, dass das Immunsystem beginnt extrem sensibel zu reagieren. Es gerät aus dem Gleichgewicht und beginnt, den eigenen Körper anzugreifen. Allergien und Autoimmunerkrankungen wie die Schuppenflechte entstehen.
Die Hygienetheorie ist noch nicht vollständig bewiesen, es gibt allerdings einige Untersuchungen, die diese These stützen.
Hygiene und Schuppenflechte
Schuppenflechte ist eine entzündliche Hautkrankheit, die chronisch verläuft. Aufgrund einer Überreaktion des Immunsystems teilen sich die Hautzellen viel zu schnell. Schmerzende Hautstellen, Juckreiz und Schuppen sind die Folge.
Basierend auf der Hygienetheorie wird immer wieder angeführt, dass ein Zuviel an Hygiene Schuppenflechte auslösen kann. Durch das Fehlen von Reizen, reagiert das Immunsystem über und greift den eigenen Körper an. Als Ergebnis können Autoimmunerkrankungen entstehen. Die Schuppenflechte ist eine typische Erkrankung, die in diesem Zusammenhang auftreten kann.
Fakt ist, dass mit der zunehmenden Hygenisierung die Anzahl der an Schuppenflechte Erkrankten zugenommen hat. Ebenfalls interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Naturvölker kaum von Schuppenflechte betroffen sind.
Wie viel Hygiene ist gesund bei Schuppenflechte?
Das richtige Maß an Hygiene zu finden ist eine sehr persönliche Sache. Betroffene von Schuppenflechte beobachten ihren Körper und dessen Reaktionen oft genau. So haben sie meist ein gutes Gespür, was gut tut – und was eher nicht.
Hier ein paar Tipps, wie der Körper bei Psoriasis unterstützt werden kann.
Das Immunsystem trainieren
Dieser Punkt hilft nur präventiv – ist aber ein sehr wichtiger!
Um dem Immunsystem die Chance zu geben, sich auszubilden, müssen Reize aus der Umgebung stattfinden. Kinder sollten also die Gelegenheit haben, viel Zeit in der Natur zu verbringen. Gerade in der frühen Kindheit sorgen so die Mikroorganismen aus der Umgebung dafür, dass sich das Immunsystem sensibilisiert und Antikörper bildet.
Sauber: ja! Keimfrei: nein!
Im Haushalt sollte mit Verstand gereinigt werden. Natürlich ist es wichtig, dass der Lebensraum sauber und lebenswert ist. Auf aggressive Reiniger und übertriebenes Desinfizieren sollte hingegen verzichtet werden. Ein gewisses Maß an Mikroorganismen ist absolut unbedenklich – und ein wichtiger Bestandteil für ein gesundes Immunsystem!
Natürlichkeit bevorzugen
Viele Menschen, die von Schuppenflechte betroffene sind, haben gute Erfahrung mit möglichst natürlichen Inhaltsstoffen gemacht. Anstelle von starken Reinigungsmitteln reicht oftmals schon ein Essigreiniger. Anstelle von High-Ttech Cremes vielleicht schon ein selbstgemachtes Gesichtswasser oder ein paar Tropfen Nachtkerzenöl.
Gesunder Lebenswandel
Auch wenn dieser Punkt nur am Rande mit Hygiene selbst zusammenhängt, so raten wir generell zu einer gesunden Lebensweise. Eine gesunde Ernährung, regelmäßiger Sport und ausreichend Ruhezeiten unterstützen das Immunsystem. Nahrungsmittel wie Kurkuma, Omega 3 und fermentierte Lebensmittel sind dabei besondere Gesundheits-Booster!
Vertraue dir selbst!
Menschen mit Schuppenflechte leiden oft unter dem Vorurteil, dass sie zu wenig auf ihre Hygiene achten. Die schuppenden Hautstellen und der Juckreiz lassen Außenstehende oft denken, dass es an der eigenen, persönlichen Hygiene mangelt. Daher ist es besonders wichtig, dass du dir und deiner Hygieneroutine vertraust. Setzte nur das um, was dir und deiner Haut guttut.
Hygiene ist wichtig – aber nicht alles!
Sauberkeit ist eine sehr individuelle Angelegenheit! Basierend auf den eigenen Lebensumständen, persönlichen Präferenzen und Gegebenheiten gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen, was zu wenig, gerade richtig oder zu viel Hygiene ist. Für ein gesundes Immunsystem schadet ein wenig “Unsauberkeit” nicht. Im Gegenteil, sie stärkt die Immunabwehr! Das ist gerade in Bezug auf Autoimmunerkrankungen wie der Schuppenflechte wichtig. Die richtige Balance zwischen Staub und Desinfektionsmittel zu finden, obliegt dabei aber einem jedem selbst.
Wie handhabst du es mit der Sauberkeit?
Hast du es gerne keimfrei oder bist du da eher entspannt?
Tausche dich in unserer Facebook-Gruppe jederzeit mit anderen Betroffenen aus – wir freuen uns auf dich!
FAQ zu Hygiene und Schuppenflechte
Was ist gute Hygiene?
Unter Hygiene werden alle Maßnahmen verstanden, die den Menschen gesund erhalten sollen. Unter eine gute persönliche Hygiene fällt häufiges Händewaschen, die Zähne zweimal täglich zu putzen und regelmäßiges Duschen. Welche Hygieneroutine dabei die richtig ist, hängt von der individuellen Lebenssituation, Vorlieben und dem eigenen Sauberkeitsempfinden ab.
Kann Hygiene krank machen?
Ja, Untersuchungen zeigen, dass es einen Zusammenhang mit übertriebener Hygiene und Krankheiten gibt. Dies betrifft vor allem Industrieländer und Stadtbewohner. Wachsen Kinder in einer keimfreien Umgebung auf, so kann sich das Immunsystem nicht richtig entwickeln. Allergien und Autoimmunerkrankungen wie die Schuppenflechte können die Folge sein. Für ein starkes Immunsystem ist es also wichtig, dass Kinder viel Zeit in der Natur verbringen.
Hängen Hygiene und Schuppenflechte zusammen?
Übertriebene Sauberkeit kann ein Auslösefaktor für Schuppenflechte sein. Bestehen im Kindesalter zu wenige Reize für das Immunsystem so kann es sich nicht richtig entwickeln. In Folge kann dies zu einer Überreaktion des Abwehrsystems führen; Autoimmunerkrankungen entstehen. Die Schuppenflechte ist somit eine typische Erkrankung, die im Zuge von zu viel Hygiene auftreten kann.
Hier klicken, dann findest du alle Quellenangaben
1) Definition via https://www.sign-lang.uni-hamburg.de/hlex/konzepte/l4/l420.htm (Stand Dezember 2019)
Starke Abwehr: Unser Immunsystem – Ein medizinisches Wunder und seine Grenzen Matt Richtel, HarperCollins Verlag, 2019
Autoimmunerkrankungen Verstehen – Vorbeugen – Behandeln: Grundlagenbuch zur krankheitsspezifischen Heftreihe, Ines Dr. Schöndorf, Altfell-Verlag, 2018
The hygiene hypothesis in autoimmunity: the role of pathogens and commensals, Jean-François Bach, Nature Reviews Immunology, 2017, via https://www.nature.com/articles/nri.2017.111 (Stand Dezember 2019)
Laura ist seit Mai 2019 Mitglied von Farbenhaut. Sie ist Marketing-Profi und hat den Anspruch, Psoriasis-Betroffenen bestmöglich zu helfen – mit spannenden Texten und fundiertem Hintergrund.
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