Plazebo ist die „eingedeutschte“ Form des lateinischen Ausdrucks „placebo“, was übersetzt „es wird mir gefallen“ bedeutet. Im medizinischen Bereich steht Plazebo / Placebo für ein Scheinmedikament – also ein Medikament ohne Wirkstoff und somit ohne pharmakologische Wirkung. Der dadurch erzielte Effekt ist auch als Placebo-Effekt bekannt.

Wir erklären dir, was ein Plazebo ist und welche Bedeutung der Placebo-Effekt in der Medizin und Wissenschaft hat. Natürlich werfen wir auch einen Blick darauf, wie bei Neurodermitis Plazebo Medikamente Anwendung finden.

Was ist ein Plazebo?

  • Das kleine Kind hat ein „Aua“. Mama klebt ein Pflaster drauf und schon tut es gar nicht mehr so sehr weh.
  • Der Opa bekommt vom Arzt eine „Aufbauspritze“ und fühlt sich gleich, als ob er Bäume ausreißen könnte. Und das, obwohl die Spritze nur eine Portion Vitamine enthält und er laut Blutbild gar keinen Mangel aufweist.
  • Eine junge Frau, die bei Kopfschmerzen regelmäßig auf Aspirin setzt, nimmt eine einfache Brausetablette mit säuerlichem Geschmack ein. Auch wenn es sich hierbei um ein reines Genuss-Produkt ohne Wirkstoff handelt – sie fühlt dennoch den nachlassenden Schmerz.

Ob groß, ob klein. Ob jung, ob alt. Der Placeboeffekt ist im Alltag allgegenwärtig – auch wenn wir ihn gar nicht mehr als solchen bewusst wahrnehmen.

Plazebo: Medikament ohne Wirkstoff

Laut klassischer Definition sind Plazebos „Scheinmedikamente“, die keinen pharmakologisch aktiven Wirkstoff enthalten. Rein äußerlich sind sie jedoch nicht von einem wirkstoffhaltigen Medikament (auch „Verum“ genannt) zu unterscheiden.

Medizinisch betrachtet kann das Scheinmedikament also keinen Effekt auslösen. Und doch zeigen Studien und auch unsere eigenen Erfahrungen im Alltag, dass Placebos wirken können. Und das insbesondere dann, wenn die Verabreichung des Scheinmedikaments durch einen Arzt an den Patienten erfolgt.

In der Medizin und Forschung wird zwischen verschiedenen Arten von Placebos unterschieden.

Das reine Placebo besteht ausschließlich aus Stärke oder anderen inerten (untätigen) Füllstoffen.

Im Gegensatz dazu steht das sogenannte aktive Placebo. Diese Form des Scheinmedikaments enthält tatsächlich einen Wirkstoff. Dieser Wirkstoff wird jedoch in einer unwirksamen Dosis verabreicht. Alternativ wird ein Wirkstoff gewählt, dessen Wirkungsspektrum nachweislich keinen Einfluss auf die untersuchte Krankheit hat.

Placebo-Effekt

Warum meinen wir dann, dass das Arzneimittel dennoch einen Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit hat?

Mediziner und Wissenschaftler sehen die Erwartung des Patienten, dass die anstehende Behandlung anschlägt, als einen der wichtigsten Faktoren des Placebo-Effekts. Gleich darauf folgen das vertrauensvolle Verhältnis zum Arzt sowie die Erfahrung des Menschen, dass Medikamente eine positive Wirkung entfalten.

Die Experten beziehen sich beim Erklärungsversuch des Placebo-Effekts gerne auf die klassische Konditionierung. Diese Art der Konditionierung wurde im 20. Jahrhundert vom russischen Arzt Iwan Petrowitsch Pawlow anhand eines bekannten Experiments erforscht.

Exkurs: Der pawlowsche Hund

In einer Reihe von Experimenten „konditionierte“ der Arzt Hunde auf bestimmte Reize. Dabei lernten die Hunde, dass auf einen bestimmten Reiz (in diesem Fall eine Glocke) das Füttern erfolgt. Nach kurzer Zeit reagierten die Hunde allein auf das akustische Signal der Glocke mit starkem Speichelfluss. Und das, ohne das Futter überhaupt zu sehen.

Mediziner vermuten also ein Zusammenspiel aus den folgenden Phänomenen:

  • klassische Konditionierung,
  • zuversichtliche Erwartungshaltung sowie
  • damit zusammenhängende, unbewusste, neurobiologische Prozesse im Organismus.

Einsatz von Plazebos in Medizin und Forschung

Plazebos haben heutzutage einen festen Platz in Medizin und Forschung. Besonders in der klinischen Forschung im Rahmen von kontrollierten, randomisierten Doppelblindstudien kommen sie regelmäßig zum Einsatz.

Dabei werden die Scheinmedikamente sowohl zur Therapie diverser Beschwerden, als auch zum Testen neuer Medikamente eingesetzt.

Placeboeffekt in der Therapie

Ärzte setzen Placebos häufig in der Therapie von sogenannten psychosomatischen Erkrankungen ein. Die Ursache dieser Erkrankungen ist in den häufigsten Fällen nicht körperlicher, sondern psychischer Natur.

Dazu zählen beispielsweise:

  • Schlafstörungen,
  • Kopfschmerzen,
  • Unruhezustände oder auch
  • Depressionen.

Mediziner setzen Placebos dabei gerne auch in Kombination mit „echten“ Medikamenten ein, um den Wirkungseffekt der Arzneimittel zu verstärken.

Placeboeffekt in der Forschung

Zu Forschungszwecken werden Plazebos eingesetzt, um beispielsweise neu entwickelte Medikamente zu testen. Dabei wird das Scheinmedikament häufig in direkten Vergleich zu dem bisher verwendeten Standard-Medikament oder dem neuen Medikament gesetzt.

Die Teilnehmer der Versuchsreihen und Studien werden beispielsweise in verschiedene Patientengruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhält den „echten“ Wirkstoff und die Vergleichsgruppe das Scheinmedikament ohne Wirkstoff. Ein neues Medikament gilt dann als überlegen, wenn es in derartigen Studien eine bessere Wirkung zeigt als das Scheinmedikament.

Plazebo und seine Wirkung: Einflussfaktoren

Laut Medizinern und Wissenschaftlern beruht der Wirkungsmechanismus von Plazebos auf einer Kombination aus bewussten und unbewussten „Phänomenen“. Allen voran werden hierbei die sogenannten bedingten Reflexe und die Erwartungshaltung genannt.

Bedingte Reflexe

Der Begriff „bedingte Reflexe“ bringt uns zurück zum Pawlowschen Hund. Hier zeigt sich, dass ein konditioniertes Verhalten zu einer körperlichen Reaktion beim Hund führen kann. Das akustische Signal der Glocke genügte, um beim Hund die Magensaftsekretion und den Speichelfluss anzuregen.

Ähnlich verhält es sich bei uns Menschen. So beispielsweise, wenn wir bereits die Erfahrung gemacht haben, dass die Einnahme eines Medikaments uns bei Beschwerden Linderung verschafft. Kommt es nun erneut zu Beschwerden und wird uns ein Medikament zur Besserung angeboten, dann nehmen wir unbewusst an, dass dieses sicherlich helfen wird.

Diese positive Einstellung ebnet dem Scheinmedikament und dem Placebo-Effekt den Weg zur Wirkung.

Anders verhält es sich bei Menschen, deren letzten Medikamenteneinnahmen negativ verliefen, weil die Arzneimittel nicht die gewünschte Wirkung zeigten. In solchen Fällen führt die negative Einstellung des Patienten dazu, dass die Wahrscheinlichkeit des positiven Placebo-Effekts sinkt.

Erwartungshaltung

Bei dem bedingten Reflex handelt es sich um eine unbewusst ablaufende und automatisch erfolgende Haltung und Einstellung – und somit um einen Reflex.

Anders ist es bei der bewussten Erwartung des Patienten. Ein Medikament wird von einem Arzt verschrieben, von einem Apotheker ausgehändigt und möglicherweise auch noch von Bekannten und Freunden empfohlen. Dabei kommt es sehr häufig zu der bewussten Annahme, dass der Wirkstoff wirken „muss“.

Die fachliche Expertise von Arzt und Apotheker führen zu der unerschütterlichen Annahme, dass sich eine Besserung einstellen wird. Und die Empfehlung von Vertrauenspersonen verstärkt diese Annahme.

Das Ausmaß dieser Erwartungshaltung wird auch in Studien ersichtlich. So beispielsweise, wenn Teilnehmer bewusst darüber informiert werden, dass es sich um eine Tablette ohne Wirkstoff handelt. Einzig die Bemerkung der Ärzte, dass „das schon vielen Menschen geholfen hat“, reicht aus, um eine positive Wirkung zu entfalten. Teilweise reduzierten diese offen kommunizierten Scheinmedikamente die subjektiven Symptome der Patienten um bis zu 40 %.

Mediziner sehen in der mentalen Einstellung und Erwartung zusammen mit dem Vertrauensverhältnis zum Arzt die größten Einflussfaktoren zur Wirksamkeit von Placebos.

Weitere Faktoren, die ein Plazebo und seine Wirkung beeinflussen

Forscher haben mittlerweile festgestellt, dass es noch einige weitere Faktoren gib, die die Wirkung von Placebos positiv oder negativ beeinflussen.

  • Farbe, Größe und Form der Medikamente
  • Einnahme (Tablettenform, Spritzen, Infusionen)
  • Preis
  • Arzt und Umgebung

Studien belegen beispielsweise, dass rote, gelbe und orangefarbene Medikamente scheinbar effektiver wirken als weiße Pillen. Kleine und große Medikamente wirken besser als mittelgroße. Und Kapseln zeigen bei den Betroffenen eine bessere Wirksamkeit als Tabletten.

Interessant ist dabei auch, dass bitter schmeckende Arzneimittel einen stärkeren Effekt haben als neutral oder süß schmeckende Präparate. Und höherpreisige Medikamente mit einer besseren Wirkung verbunden werden.

Invasive Behandlungsmöglichkeiten – wie Spritzen, Scheinoperationen, oder Scheinakupunktur – empfinden Patienten wirksamer als oral verabreichte Medikamente.

Und nicht zuletzt spielt der Status der behandelnden Person eine Rolle. So wirken Scheinmedikamente, die von einem Arzt verabreicht werden, stärker als Placebos, die von Pflegern oder Krankenschwestern verabreicht werden.

Erkenntnisse bei Neurodermitis: Plazebo

Wissenschaftliche Studien nutzen Placebos sehr häufig für Forschungszwecke. Auch bei Neurodermitis werden Scheinmedikamente gezielt in Vergleich zu wirkstoffhaltigen Arzneimitteln gesetzt, um die Wirksamkeit bei atopischer Dermatitis zu prüfen.

Bei diesen Arzneimittelstudien stehen in den meisten Fällen die Sicherheit und Wirksamkeit der Medikamente im Fokus.

Aktuelle Placebo-Studien bei Neurodermitis

So wurden im Bereich der Neurodermitis in den letzten Jahren diverse Studien von beispielsweise den folgenden Wirkstoffen durchgeführt:

  • Studie zur Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit von Dupilumab bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Ekzem. (Simpson EL, Akinlade B, Ardeleanu M. Two Phase 3 Trials of Dupilumab versus Placebo in Atopic Dermatitis. N Engl J Med. 2017 Mar 16;376(11):1090-1. doi: 10.1056/NEJMc1700366. PMID: 28296614. Zugriff 04.08.2021.)
  • Studie zur Wirksamkeit von Ciclosporin hinsichtlich der Therapieeffekte für die Parameter befallene Fläche, Erythem, Schlaflosigkeit und Reduktion im Steroidverbrauch. (Hoare C, Li Wan Po A, Williams H. Systematic review of treatments for atopic eczema. Health Technol Assess. 2000;4(37):1-191. PMID: 11134919; PMCID: PMC4782813. Zugriff 04.08.2021).
  • Studie zur Wirksamkeit und Sicherheit von Azathioprin hinsichtlich Juckreizes, Schlaflosigkeit und Müdigkeit. (Berth-Jones J, Takwale A, Tan E, Barclay G, Agarwal S, Ahmed I, Hotchkiss K, Graham-Brown RA. Azathioprine in severe adult atopic dermatitis: a double-blind, placebo-controlled, crossover trial. Br J Dermatol. 2002 Aug;147(2):324-30. doi: 10.1046/j.1365-2133.2002.04989.x. PMID: 12174106. Zugriff 04.08.2021).
  • Studie zur Wirksamkeit von Ustekinumab hinsichtlich einer Reduktion des Hautscores, Juckreizreduktion und Veränderung der Lebensqualität. (Saeki H, Kabashima K, Tokura Y, Murata Y, Shiraishi A, Tamamura R, Randazzo B, Imanaka K. Efficacy and safety of ustekinumab in Japanese patients with severe atopic dermatitis: a randomized, double-blind, placebo-controlled, phase II study. Br J Dermatol. 2017 Aug;177(2):419-427. doi: 10.1111/bjd.15493. Epub 2017 Jun 27. PMID: 28338223. Zugriff 04.08.2021).

Die Ergebnisse der Studien liefern Medizinern und Wissenschaftlern wichtige Anhaltspunkte zum Einsatz der jeweiligen Medikamente. Dies gilt natürlich nicht nur für Erkrankungen wie Neurodermitis (atopische Dermatitis), sondern für alle Medikamente und deren Wirkung und Sicherheit.

Plazebo: Scheinmedikamente mit großer Bedeutung für Medizin und Wissenschaft

Auch wenn ein Placebo „nur“ ein Scheinmedikament ist, so nimmt es heutzutage einen festen Platz in Medizin und Forschung ein. Klinische Studien, die auf dem Vergleich von Wirkstoff und Placebo aufgebaut werden, liefern den Experten regelmäßig wichtige Erkenntnisse. Hierbei liegt der Fokus besonders auf der Wirkung und Sicherheit von neuen oder auch bestehenden Medikamenten.

Auch bei der Erforschung von Arzneimitteln für Neurodermitis werden Plazebos regelmäßig eingesetzt. Die bei der Behandlung von Neurodermitis heutzutage angewendeten Wirkstoffe werden auch nach offizieller Freigabe in regelmäßigen Abständen geprüft und weiterentwickelt.

Der Placebo-Effekt wird heutzutage in der Therapie von diversen Erkrankungen bereits gezielt von Ärzten eingesetzt. Insbesondere bei psychosomatischen Krankheiten zeigen sich hier gute Ergebnisse.

Den positiven Effekt von Scheinmedikamenten erklären Experten als eine Folge aus bewussten und unbewussten „Phänomenen“, die in unserem Organismus ablaufen. Allen voran spielen dabei der sogenannte bedingte Reflex und die positive Erwartungshaltung der Patienten eine wichtige Rolle.

Hast du bereits Erfahrung mit einem Scheinmedikament gemacht? Erzähle uns davon – wir sind gespannt!

FAQ zu Plazebo

Was ist der Placebo-Effekt?

Experten gehen heute davon aus, dass die Wirkung von Scheinmedikamenten – also der sogenannte Placebo-Effekt – hauptsächlich durch die Kombination von klassischer Konditionierung und zuversichtlicher Erwartungshaltung entsteht. Damit verbunden sind unbewusste, neurobiologische Prozesse. Diese führen dazu, dass der Betroffene eine positive Wirksamkeit des Medikaments und eine Besserung der Symptome wahrnimmt.

Wie werden Placebos eingesetzt?

Sogenannte Scheinmedikamente werden heutzutage häufig in der klinischen Forschung im Rahmen von kontrollierten, randomisierten Doppelblindstudien eingesetzt. Dabei geht es hauptsächlich um die Prüfung von bestehenden Therapiemaßnahmen und neuer Medikamente. Insbesondere die Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten wird mithilfe von Placebos erforscht.

Helfen Placebos bei Neurodermitis?

Ein Placebo kann bei einem Betroffenen von Neurodermitis theoretisch den gleichen (positiven) Effekt haben, wie bei jeder anderen Erkrankung auch. Die Wirkung ist jedoch abhängig von der Einstellung und Erwartungshaltung des Patienten. In klinischen Studien werden regelmäßig bestehende und neue Medikamente für Neurodermitis mithilfe von Placebos geprüft.

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Quellen:

Breidert M., Hofbauer K. (2009): „Placebo – Missverständnisse und Vorurteile“, in: Deutsches Ärzteblatt. URL: https://www.aerzteblatt.de/archiv/66733/Placebo (Zugriff am 05.08.2021)

Brody H. (2018): „Meaning and an Overview of the Placebo Effect“, in: Perspectives in biology and medicine. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30293974/ (Zugriff am 05.08.2021)

Girach A., Aamir A., Zis P. (2019): „The neurobiology under the placebo effect“, in: Drugs of today. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31347615/ (Zugriff am 05.08.2021)

Simpson E.L., Akinlade B., Ardeleanu M. (2017): „Two Phase 3 Trials of Dupilumab versus Placebo in Atopic Dermatitis“, in: The new england journal of medicine. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28296614/ (Zugriff am 05.08.2021)

Wager T.D., Rilling J.K., Smith E.E. et al. (2004): „Placebo-induced changes in FMRI in the anticipation and experience of pain“, in: Science. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/14976306/ (Zugriff am 05.08.2021)