Vor wenigen Tagen kam der World Psoriasis Happiness Report 2017 heraus. Die Ergebnisse der mehr als 100.000 Befragten machen zum großen Teil leider nicht glücklich, sondern regen zum Nachdenken an. Psoriasis hat einen deutlichen Einfluss auf das Wohlbefinden – und dies länderübergreifend.
Inhalt:
Der World Psoriasis Happiness Report 2017
Auch in diesem Jahr wurde der “World Psoriasis Happiness Report” erhoben. Mit 121.800 Teilnehmern aus 184 Ländern handelt es sich um eine der größten Studien zur Hauterkrankung weltweit. Ziel ist es zu beleuchten, was Glück und das Wohlbefinden von Betroffenen mit Psoriasis besonders beeinflusst. Durchgeführt wurde die Studie vom LEO Innovation Lab (von Pharmariese LEO) sowie dem Happiness Research Institute. Übrigens haben die Vereinten Nationen im Jahr 2011 Glück und Lebensqualität als Parameter für die Entwicklung eines Landes ausgegeben. Danach sollte nicht das Bruttosozialprodukt der Maßstab für den Wohlstand einer Gesellschaft sein, sondern die Qualität des Lebens.
Psoriasis beeinflusst unser Glücksempfinden
Es zeigt sich, dass Psoriasis unsere Lebensqualität beeinflusst – und zwar negativ. Letztere ist um 30 Prozent geringer als bei Personen ohne die Hauterkrankung. Dabei wirkt sich Psoriasis bei Frauen deutlicher auf das Wohlbefinden aus als bei Männern. Über alle Länder hinweg geben 18,5 Prozent der Frauen an, dass Schuppenflechte das eigene Wohlbefinden beeinflusst. Bei den Männern sind es 11,3 Prozent. Frauen vermelden durchweg ein höheres Level an Stress und fühlen sich einsamer. Auch die verschiedenen Symptome, die eine Psoriasis mit sich bringen kann, nehmen Einfluss auf die Lebensqualität. Schuppenbildung und die Verkrustung der Haut führen im Durchschnitt zu einem um 11,7 Prozent niedrigerem Level an Wohlbefinden. Wirkt sich die Psoriasis auf die Mobilität aus und bereitet z. B. Probleme beim Gehen, dann sinkt das Wohlbefinden um 22 Prozent, verglichen mit der übrigen Bevölkerung. Dieses Muster zieht sich durch alle Schweregrade der Hauterkrankung hindurch.
Verschiedene Körperareale haben verschiedenen Einfluss
Auch die Stellen am Körper, an denen die Schuppenflechte auftaucht, bestimmen den Einfluss auf das Wohlbefinden. So führt Psoriasis am Kopf im Schnitt zu einer Verringerung des Wohlbefindens um 7,5 Prozent, im Genital-Bereich sind es sogar 12,9 Prozent. Die Studienautoren führen letzteres auf die körperlichen und psychologischen Herausforderungen zurück, die die Hautkrankheit auf das Liebesleben haben kann.
Stress und Einsamkeit sind die besten psychologischen Prädiktoren des Unwohlseins
Stress ist der psychologische Faktor, mit dem sich das (Un-)Wohlseins bei Psoriasis am besten voraussagen lässt. Dabei geben 60 Prozent der Studienteilnehmer an, einem mittleren bis hohen Level an Stress im Alltag ausgesetzt zu sein. Stress tritt dabei in allen Gesellschaftsschichten und bei allen Schweregrad der Psoriasis in ähnlichem Niveau auf. Neben dem Stress ist es vor allem die Einsamkeit, über die viele Betroffene berichten. 33 Prozent aller Betroffenen und damit jeder Dritte sind einsam. Ebenso wie bei Stress beeinflusst es die Erkrankten unabhängig von sozioökonomischen Status, Alter oder Schweregrad der Krankheit. Übrigens wohnen die glücklichsten Betroffenen laut Studie in Portugal. Die am wenigsten glücklichen leben in Australien. Hier ist das Wohlbefinden am meisten beeinflusst durch Psoriasis.
Stress und Einsamkeit reduzieren erhöht das Wohlbefinden
So scheint es nur logisch, dass eine Reduktion von extremen Stress sowie der Einsamkeit das Wohlbefinden bei Psoriasis erhöhen kann. Und das zeigt auch die Studie. So könnten bis zu 35,6 Prozent alles Betroffenen aus ihrer misslichen Lage befreit werden, hätten sie nur kein hohes Stresslevel. Bei Einsamkeit sind es immerhin noch 12,9 Prozent. Wenn also Einsamkeit und Stress als die beiden psychologischen Treiber der Erkrankung angesehen werden, könnten durch eine Reduktion beider mehr Personen geholfen werden als durch andere Maßnahmen. Mehr zu den Auslösern von Psoriasis findest du im Artikel “Know your Enemy – 10 Auslöser von Psoriasis“.
Wir müssen verstehen, was das Wohlbefinden besonders beeinflusst
Letztendlich ist es so, dass wir erst einmal ein grundlegendes Verständnis dafür entwickeln müssen, welche Faktoren das Wohlbefinden bei Psoriasis besonders beeinflussen. Und das im positiven wie auch negativen Fall. So geben 48 Prozent der Studienteilnehmer an, dass ihr Arzt nicht komplett versteht, welch großen Einfluss Psoriasis auf das mentale Wohlbefinden haben kann (hier unser Erfahrungsbericht zur Hautarztsuche). Ebenso fehlt das Bewusstsein in der Gesellschaft, wie weitreichend der Einfluss der Psoriasis reichen kann.
Unser Fazit
Psoriasis kann das Wohlbefinden der Betroffenen beeinflussen. Soviel steht fest. Jedoch gibt es eine ganze Reihe an Einflussfaktoren, die sich hier auswirken können. Bei den psychologischen Faktoren sind es besonders der Stress und die Einsamkeit, welche bei Psoriatikern das Wohlbefinden mindern. Dazu kommen noch viele weitere Einflüsse, wie der Wohnort, der Schweregrad der Erkrankung, die betroffenen Hautareale oder auch ein kompetenter Hautarzt. Wir alle müssen verstehen, dass Psoriasis weit mehr als eine Hautkrankheit ist. Sie nimmt Einfluss auf viele weitere Bereiche des Lebens. Nicht umsonst wurde Psoriasis von der Weltgesundheitsorganisation WHO als besonders zu unterstützende Krankheit aufgenommen.
Farbenhaut hat sich zum Ziel gesetzt, genau bei diesen Faktoren anzusetzen. Wäre es nicht schön, wenn es eine einfache Möglichkeit gäbe, sich mit anderen Betroffenen zu vernetzen? Personen zu finden, die ähnliche Erfahrungen wie du gemacht haben? Oder alles, was ich als Betroffener so brauche, an einem Ort finden zu können? Das sind nur einige der Punkte, die Farbenhaut in den nächsten Monaten ändern möchte. Wichtig dabei ist, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Der einzelne kann vielleicht nicht viel ausrichten, als Gemeinschaft steigen die Möglichkeiten aber deutlich an. Lasst uns Psoriasis zusammen verändern!
Bernd ist einer der beiden Gründer von Farbenhaut. Er leidet seit über 20 Jahren an Psoriasis, sieht die chronische Hauterkrankung aber mit mehr Gelassenheit als noch vor ein paar Jahren (was ein hartes Stück Arbeit war). Nichtsdestotrotz ist es ihm ein großes Anliegen, Psoriasis einfacher und sozial akzeptierter zu machen.
Habe diesen Bericht mit großem Interesse gelesen und kann mich in den Ergebnissen erschreckend gut wiederfinden. Darum will ich meine eigene Geschichte gern kurz versuchen zu erzählen. Diese Geschichte beginnt damit, dass mein Opa unter der Schuppenflechte litt und ich als kleines Kind oft gesehen habe, wie er sich (täglich) mit einem gelben Fett eingeschmiert hat. Vaseline, wie ich später lernte. Sehr viel mehr gab es 1969/ 1965 wohl noch nicht. Mein Großvater ist mitte August 1965 ganz plötzlich und komplett unerwartet gestorben. Anfang September 1965 wurde aus meiner Haut (“Pfirsichhaut” ,laut meiner Mutter) aus dem Nichts eine beinah vollkommen mit Psoriasis bedeckte Haut. Damals war ich 9 jahre alt, ging wöchentlich mit meinem großen Bruder mindestens ein Mal pro Woche zum Schwimmverein. Jeder selbst Betroffene kann sich wohl vorstellen, dass diese Gänge schlagartig sehr schwer wurden. In meiner Naivität lies ich mir durch ein Attest bescheinigen, dass es sich um eine nicht ansteckende Hautkrankheit handelt. Mit dieser ärztlichen Bescheinigung in der Tasche fühlte ich mich erst einmal ganz sicher und durfte tatsächlich wieder schwimmen. Allerdings war die Pubertät (wohl auch durch den großen Bruder) bei mir recht früh und meine Freude am Schwimmen war ganz schnell wieder verschwunden. Scham, wie sie viele der Betroffenen kennen, machte sich breit und versaute mir den Rest der sog Jugendjahre.
Denke, dass ich diesen Teil nicht wirklich aufschreiben muss . Zumindest jeder, der selbst betroffen ist von Schuppenflechte und über eine wenig Phantasie verfügt, kann sich vorstellen, wie eine Pubertät als wandelnder “Streuselkuchen” (wie ich es nannte) ist. Die Rauswürfe aus Schwimmbädern, Blicke und dummen Sprüche meiner “lieben” Mitmenschen taten richtig weh es begannen all die Dinge, von denen auch die Befragten berichten. Natürlich habe ich über einen langen Zeitraum alles versucht, was man damals so zur Verfügung hatte, um das “normale” Leben eines Heranwachsenden führen zu können. Dazu gehörte sowas wie Höhensonne, (Teer-)Salben, Cremes, Cortisonhaltige Medikamente, Bäder mit Salz aus dem toten Meer etc. Sogar Kapseln, die dafür sorgen, dass weniger Haut produziert wird. Dadurch war meine Haut letztlich so dünn, dass ich mich an einfachem Papier geschnitten habe, was dann fürchterlich blutete. Mit ca 25 habe ich dann eingesehen, dass die all Unterdrückungen der Psoriasis nur kurzzeitig ein wenig Hoffnung machten, sich aber am Ende mein Körper immer wieder gerächt hat und die Flechte nach jeder Anwendung schlimmer zurück kam. Wahrscheinlich weil mein Körper die Phasen der Unterdrückung nach zu holen hatte… Also habe ich beinah nichts mehr getan. Außer hin und wieder etwas Fett auf die zu trockenen Stellen.
Im Alter von ca 30 Jahren bin ich dann umgezogen nach Holland – direkt hinter die Grenze. Also kein wirklicher Klimawechsel oder ähnliches. Nach kaum 3 Wochen war meine Haut beinah frei von allen Schuppen ! Eine Erklärung habe ich bisher nicht dafür. Aber mit Rest an Ellenbogen, evt. Knien und hin und wieder auf der Kopfhaut konnte ich gut leben. Bis ich Ende 2016 eine Lungenentzündung bekam und 1 Woche lang Antibiotika nehmen musste. Nach dem Absetzen dieser Kapseln kamen die mir aus jüngeren Jahren bekannten hellroten Flecken mit nachfolgenden Schuppen zurück. Glücklicherweise besserte sich das nach einigen Wochen wieder. Aber nach beinah 3 Monaten kam ich ins Krankenhaus mit einer Lungeninfektion und diesmal bekam ich beinah 3 Monate lang Antibiotika. Darauf folgte dasselbe “Spiel”, wie kurz zuvor. Viele hellrote Flecken mit allem “Komfort” von Schuppenflechte: Aber auch diese Phase ging vorüber. Allerdings kam ich wieder ins Krankenhaus bevor der alte Status erreicht war. Während diesem längeren Aufenthalt bekam ich von einer erfahrenen Krankenschwester eine Creme, die mir tatsächlich geholfen hat. Das ist inzwischen ungefähr 6 Monate her und die Psoriasis ist wieder beinah weg, bis auf die paar bekannten Stellen an den Gelenken – obwohl ich seit ca 5 Monaten nichts mehr daran getan habe. Auch über weitere Begleiterscheinungen, wie zB Jucken oder gar Gelenkschmerzen darf ich derzeit nicht klagen.
In all den Jahren habe ich mich natürlich oft mit diesem Phenomen beschäftigt. Mit dem Ergebnis, dass ich inzwischen glaube, dass der erhöhte Stoffwechsel vielleicht auch positieve Seiten hat. So scheint mein Körper zB mit Krankheiten aller Art recht gut fertig zu werden. Als letzten Beweis für diesen Glauben sehe ich meine Lungenprobleme in 2017 und die Tatsache dass ich wieder am Computer sitze und dies schreiben kann. Davon waren die Ärzte in der Universitätsklinik Amsterdam nicht überzeugt, bevor sie mich trotz sehr schlechter körperlicher Verfassung durch die vorherigen Lungenprobleme wegen einer sog Pneumothorax (oder Klaplunge, wie sie es hier nennen) doch operieren mussten. Vorher war mir bei kleineren Verletzungen schon aufgefallen, dass mein Körper damit vergleichsweise gut fertig geworden ist. Ob dies tatsächlich meinem Stoffwechsel -und damit der Schuppenflechte zu danken ist, weiß ich nicht. Aber allein der Glaube hilft mir ab und zu schon ein wenig.
Vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Bericht und deine spannende Geschichte 🙂