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Die neue Interview-Reihe mit Psoriasis-Betroffenen: Skinfluencer
Es ist wieder soweit! Ein weiteres Interview in unserer Reihe „Skinfluencer“ erscheint. Im Mittelpunkt stehen dabei immer ganz normale Schuppenflechte-Patienten – so wie du und ich. Zukünftig werden in regelmäßigen Abständen bei Farbenhaut Interviews mit Leidensgenossen erscheinen – zusätzlich zu informativen Berichten und anderen Specials. An dieser Stelle bedanken wir uns bei Vanessa für das heutige Interview. Sie war mutig und teilt hier ihre Geschichte. Unsere bisherigen Interviews findest du übrigens an dieser Stelle. Vorab noch eine Anmerkung zu Psoriasis guttata: Bei dieser relativ seltenen Form der Psoriasis verteilen sich kleine rote Punkte, die schuppen. Sie wird häufig durch eine bakterielle Infektion ausgelöst und verschwindet in vielen Fällen auch wieder – kann aber auch chronisch verlaufen.
Das Interview mit Vanessa
1. Willst du dich kurz vorstellen und uns etwas zu deinem bisherigen Krankheitsverlauf mit Psoriasis guttata erzählen?
In einer sowieso schon schwierigen Phase der Pubertät tauchte meine Form der Psoriasis guttata nach einer schweren Mandelentzündung durch Streptokokken auf. Damals war ich 16. Die Ärzte tappten erstmal im Dunklen und dachten es handelt sich um eine Allergie gegen Penicillin. Nach 9 Monaten Psoriasisschub verschwand diese, wie sie gekommen war schnell und unerwartet. Danach war ich bis 21 beschwerdefrei – doch diesen Moment der Rückkehr der Krankheit werde ich nie vergessen. Ich sollte eigentlich gerade die Zeit meines Lebens haben, war mit dem Rucksack in Australien unterwegs und dann sah ich es – eines Morgens im Spiegel eines Hotels es fing wieder an!!! Auslöser war auch hier ein schwerer Infekt der oberen Atemwege! Am unteren Rücken waren überall rote Punkte. Seitdem habe ich die Krankheit bis auf wenige beschwerdefreie Monate durchgängig. Mal mehr, mal weniger schlimm. Das geht nun seit 5 Jahren so.
2. Was hat sich bei dir seit dem Ausbruch der Krankheit verändert?
Eigentlich nicht so viel, außer dass ich absolute Schwierigkeiten habe mich einem Partner zu öffnen und es im Sommer vermeide in einen Freibad oder See zu gehen. Ansonsten nervt es mich ziemlich das ich keine Tops anziehen kann, da mein ganzer Rumpf von roten Punkten übersät ist und ich dann häufig gefragt werde, ob das ansteckend ist. Man fühlt sich manchmal wie von einem anderen Stern.
3. Welche Therapien hast du bereits ausprobiert und was wurde daraus?
Ich glaube davon kann jeder Psoriasispatient ein Lied von singen. UV-Bestrahlung und Cortisonsalbe. Ich halte davon gar nichts, da es nur für einen Moment hilft, aber nicht die Ursache bekämpft. Als es im Sommer 2017 mal wieder ganz besonders schlimm war testete ich das neue Medikament Otezla. Dies steigerte ich langsam auf eine bestimmte Dosis. Jedoch half es überhaupt nicht – es hatte nur jede Menge Nebenwirkungen, die so schlimm wurden, dass ich meine Hände nicht mehr bewegen konnte. Es war, wie eine Art Gichtanfall oder Rheuma. Jedes einzelne Gelenk meiner Hände schmerzte so, dass mir nur noch die Tränen über das Gesicht liefen. Das einzige was mir bisher komplett geholfen hat war eine Antibiotikatherapie, um den ALS-Wert zu senken, welche durch die permanenten Streptokokken in meinem Körper erhöht ist. Nun bin ich kurz davor mir meine Mandeln entfernen zu lassen, um diesen Krankheitsherd in meinem Körper zu beseitigen.
4. Welche Tipps und Tricks kannst du allgemein an andere Betroffene weitergeben?
Lasst euch nicht unterkriegen – ihr seid nicht allein! Wir sind wirklich so viele. Lasst euch nicht von dieser Krankheit den Lebensmut nehmen. Ich bin auch immer wieder down, aber ich sage mir dann ok wenn ich mit dieser Krankheit ein ansonsten gesundes Leben die nächsten 60 Jahre habe, dann habe ich so gesehen Glück. Es kann immer schlimmer kommen.
5. Was war dein positivstes, was dein negativstes Erlebnis im Zusammenhang mit Schuppenflechte?
Mein positivstes Erlebnis war das meinen Freunden es egal ist und war und sie immer zu mir stehen. Das negativste Erlebnis war leider die Trennung meines Ex-Freundes. Dieser trennte sich von mir als ich einen besonders schlimmen Schub hatte, da ich für ihn sexuell so nicht mehr attraktiv war. Das war damals ein echter Schlag ins Gesicht und hat mich psychisch auch sehr mitgenommen.
6. Was läuft deiner Meinung nach derzeit im Umgang mit Psoriasis falsch?
Die Forschung läuft nur schleppend. Bestehende Medikamente haben viel zu starke Nebenwirkungen. Hautärzte sind oftmals selbst sehr schlecht über die Krankheit informiert und bieten keine Optionen außer Cortison. Es sollte auch mehr in alternative Methoden gesetzt werden.
7. Was würdest du zu Jemandem sagen, der kürzlich die Diagnose Psoriasis bekommen hat?
Versuche die Krankheit anzunehmen. Du wirst mit ihr gute Zeiten erleben in denen du beschwerdefrei bist und es wird Zeiten geben in denen du dich nur noch frägst: “Warum habe ich diese Krankheit?” In der du deinen Körper hasst. Aber mir hat es immer geholfen zu wissen, dass ich damit nicht alleine bin und ich mir immer sage: “es kommen auch wieder bessere Zeiten”.
8. Welche Themen bzw. Schwerpunkte würdest du dir zukünftig bei Farbenhaut wünschen?
Mehr Berichte über Psoriasispatienten, die ihre Krankheit gut in den Griff bekommen haben und ich würde sehr gerne etwas über Psoriasis guttata Patienten erfahren, die durch eine Mandelentfernung geheilt wurden (diese gibt es lt. Studien von dem Münchner Professor Dr. Prinz).
Du möchtest auch deine Geschichte teilen?
Nun bist du an der Reihe! Hilf mit, Psoriasis vom fauchenden Löwen zum zahmen Kätzchen zu machen. Mach anderen Mut, offener und selbstbewusster mit der eigenen Krankheit und dem eigenen Körper umzugehen. Verrate deine Tricks, was dich zum Lachen oder zum Verzweifeln bringt. Und wie Willy Brandt schon zu sagen pflegte: „Der beste Weg die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten“. Hilf also auch du mit, die Geschichte von Psoriasis neu zu schreiben und erzähle mindestens zwei Millionen Betroffenen im deutschsprachigen Raum deine Story.
Bernd ist einer der beiden Gründer von Farbenhaut. Er leidet seit über 20 Jahren an Psoriasis, sieht die chronische Hauterkrankung aber mit mehr Gelassenheit als noch vor ein paar Jahren (was ein hartes Stück Arbeit war). Nichtsdestotrotz ist es ihm ein großes Anliegen, Psoriasis einfacher und sozial akzeptierter zu machen.
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