Mit der richtigen Hautpflege und Basistherapie kannst du milde Symptome einer Neurodermitis (atopische Dermatitis) abschwächten oder reduzieren. Bei einer schweren Form oder starken Ausprägung ist häufig eine Therapie mit Medikamenten notwendig. Unterstützend setzen Ärzte bei der Behandlung einer schweren Neurodermitis hierfür topisch angewendete oder orale Glukokortikosteroide ein.

Glukokortikoide

Glukokortikoide (auch Glucocorticoide oder Glukokortikosteroide genannt) gehören zu den Steroidhormonen aus der Nebennierenrinde. Es handelt sich dabei um lebensnotwendige Hormone, die der Körper in der Nebennierenrinde herstellt und die stark entzündungshemmend wirken.

Sie beeinflussen nahezu alle Zellen und Organe des menschlichen Organismus. Hauptsächlich sind sie in Muskulatur, Fettgewebe, Haut, Leber und im lymphatischen Gewebe zu finden. Umgangssprachlich nennen Menschen Glucocorticoide auch Kortison oder Cortison.

Die Medizin unterteilt dabei in natürliche Glukokortikoide, die physiologisch im Organismus vorkommen, und synthetische Glukokortikoide, die chemisch für die medikamentöse Therapie hergestellt werden.

Zu den natürlichen Glukokortikoiden zählen:

  • Cortison und
  • Cortisol (Hydrocortison).

Cholesterin ist die Ausgangssubstanz der natürlichen Glukokortikoide. Dieses Cholesterin stammt aus der Nahrung oder aber es wird aus Acetyl-CoA in der Leber gebildet.

Zu den synthetischen Glukokortikoiden hingegen zählen eine große Anzahl an Substanzen, wie beispielsweise Amcinonid, Clocortolon, Halcinonid oder Prednicarbat.

Topische und orale Glucocorticoide: Wirkung

Glukokortikosteroide spielen in der Medizin in sehr vielen Bereichen eine große Rolle. Sie wirken entzündungshemmend und immunsuppressiv und kommen daher nicht nur bei Neurodermitis, sondern bei zahlreichen anderen Krankheiten zum Einsatz.

So beispielsweise bei den folgenden Erkrankungen:

  • rheumatische Erkrankungen,
  • COPD,
  • Asthma bronchiale,
  • Autoimmunerkrankungen,
  • Morbus Crohn,
  • Multiple Sklerose,
  • Tumorerkrankungen,
  • Hepatitis,
  • Ekzeme und
  • allergische Reaktionen.

Kortison oder Cortison, wie Glukokortikosteroide auch umgangssprachlich genannt werden, ist ein Alleskönner, den Mediziner in vier Klassen unterteilen:

  • Klasse I (schwach wirksam)
  • Klasse II (mittelstark wirksam)
  • Klasse III (stark wirksam)
  • Klasse IV (sehr stark wirksam)

Darreichungsformen

Glukokortikoide können sowohl systemisch als auch topisch zur Anwendung kommen die Darreichungsformen sind heutzutage sehr vielfältig.

Dabei erfolgt die systemische Darreichungsform oral oder in Notfällen intravenös. In der Dermatologie kommen Glucocorticoide weitaus häufiger als topische Therapie zum Einsatz, beispielsweise in Form einer Salbe oder Creme. Bei der Therapie von Asthma hingegen greifen Ärzte zu inhalativen Glucocorticoiden.

Glucocorticoide sind in der Lage, Zellmembranen zu durchdringen. Im Zytoplasma können sie dann wiederum an spezifische Rezeptoren binden. Auf der Haut wirken Glukokortikosteroide entzündungshemmend, immunsuppressiv und wachstumshemmend.

Durch das Binden an die Rezeptoren kommt es zu einer Normalisierung der Verhornungsvorgänge. Aus diesem Grund verschreiben Ärzte Glukokortikosteroide bei Neurodermitis nicht nur oral, sondern häufiger noch in Form von Cremes und Salben.

Bei besonders starken Schüben und schweren Verläufen empfehlen Mediziner, orale Glukokortikosteroide in die Therapie einzubinden, um akut gegen die Symptome vorzugehen.

Oral angewendet blocken die Glucocorticoide die natürlichen Abwehrreaktionen, was sehr zuverlässig zu einem raschen Abklingen des Neurodermitisschubs führt. Zudem wirken die oralen Glukokortikosteroide entzündungshemmend und antiallergisch.

Wirksamkeit oraler Glukokortikosteroide bei Neurodermitis

Mediziner gehen basierend auf ihren Erfahrungswerten von einer deutlichen Wirksamkeit der Anwendung von oralen Glucocorticoiden bei Neurodermitis aus.

Jedoch muss an dieser Stelle ein klarer Hinweis gegeben werden, dass bis dato keine kontrollierten Studien zur kurzfristigen oder langfristigen Behandlung mittels systemischer Glukokortikosteroide bei schwerer atopischer Dermatitis existieren. Somit basieren die bisherigen Aussagen zur Wirksamkeit ausschließlich auf den Erfahrungswerten.

Glukokortikosteroide: Anwendung bei Neurodermitis (atopischer Dermatitis)

Neurodermitis Vier-Stufen-Therapieplan

Mediziner richten sich nach dem Neurodermitis Vier-Stufen-Therapieplan, um eine zielgerichtete und bedarfsgerechte Behandlung sicherzustellen.

Der Hautzustand der Patienten gibt dabei die jeweilige Stufe und somit Behandlung und langfristige Therapie vor. So kann dein Arzt standardisiert und gleichzeitig doch individuell bewerten, ob und welche zusätzlichen Medikamente neben der Basistherapie zum Einsatz kommen sollen. Je nach dem Schweregrad der Ekzeme verschreibt der Arzt entweder Präparate für eine topische Therapie (lokal) oder für eine systemische Therapie (oral).

Bereits ab der zweiten Stufe kann es sinnvoll sein, gering wirksame Glukokortikoide äußerlich anzuwenden. Der Einsatz von oralen Glukokortikosteroiden hingegen wird nur in der vierten und somit höchsten Stufe empfohlen. Und auch hier lediglich unter fachlicher Abwägung von Nutzen und Nebenwirkungen.

Topische Glukokortikosteroide

Topisch angewendete Glucocorticoide zählen zu den wichtigsten entzündungshemmenden Wirkstoffen, die bei atopischer Dermatitis neben der Basistherapie eingesetzt werden. Die Wirkstärke des Präparats und die Dosierung hängen dabei vom Schweregrad der Symptome ab.

Häufig erfolgt die Behandlung einmal täglich, in Ausnahmefällen auch bis zu zweimal täglich. Das Ziel ist die Abheilung der einzelnen Hautstellen. Dein Arzt wird dir hierzu eine genaue Anleitung geben.

Orale Glukokortikosteroide

Mediziner empfehlen orale Glukokortikosteroide hingegen ausschließlich für die Kurzzeittherapie bei Neurodermitis, etwa um einen akuten, schwer ausgeprägten Schub zu unterbrechen.

Die Dauer der Einnahme beträgt dabei zwischen drei Tagen und maximal drei Wochen. Eine dauerhafte und langfristige Behandlung mittels oraler Glukokortikosteroide wird jedoch aufgrund der Nebenwirkungen nicht empfohlen. Erfolgt sie dennoch, dann nur mit sehr niedriger Dosierung des Wirkstoffs.

Die oralen Glucocorticoide kommen vor allem bei Erwachsenen mit schweren Verläufen von Neurodermitis zum Einsatz. Bei Kindern wird diese Form der Therapie nur in seltenen Fällen empfohlen. Trotz der Nebenwirkungen ist die Therapie bei schweren Verläufen keine Seltenheit, da die Therapieeffekte sehr deutlich sind und insbesondere bei akuten Schüben eine schnelle Linderung für den Patienten ermöglichen.

Ärzte verabreichen orale Glucocorticoide in Form von Tabletten. Die Einnahme sollte im Idealfall am Morgen erfolgen. Je nach Therapie und angestrebter Wirkung kann es auch notwendig sein, am Abend eine weitere, geringere Dosierung einzunehmen.

Nach der Anwendung ist ein Ausschleichen des Medikaments notwendig. Ein abrupter Therapieabbruch ist bei der Gabe von oralen Glukokortikosteroiden nicht möglich und könnte zu gefährlichen Mangelzuständen führen.

Topische und orale Glukokortikosteroide: Nebenwirkungen

Viele Patienten schrecken vor der Behandlung mit Glukokortikosteroiden zurück, da diese mit zahlreichen Nebenwirkungen in Verbindung stehen. Jedoch müssen wir an dieser Stelle deutlich unterschieden.

Bei einer zeitlich begrenzten Behandlung einer Erkrankung mit einer adäquaten Dosis treten keine Nebenwirkungen auf. Das Ziel hierbei ist es, akute, schwere Schübe der Erkrankungen zu durchbrechen.

Eine dauerhafte Therapie mit hoher Dosierung hingegen bringt zum einen zwar die gewünschte Wirkung, kommt im gleichen Zuge aber sehr häufig auch mit einer Reihe unerwünschter Wirkungen.

Zu diesen Nebenwirkungen zählen insbesondere bei der oralen Einnahme von Glukokortikoiden die Folgenden:

  • Wassereinlagerungen,
  • Knochenbrüchigkeit / Osteoporose,
  • Verdünnung der Haut,
  • Störung der Wundheilung,
  • Wachstumsstörungen,
  • erhöhter Blutzucker / erhöhtes Blutfett,
  • Gewichtszunahme sowie
  • psychische Veränderungen (wie Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Unruhe, Aggressivität).

Daher wird eine dauerhafte Therapie mit dem Wirkstoff nur empfohlen, wenn vom Arzt eine umfassende Abwägung unter Berücksichtigung der Symptome und Ausprägung durchgeführt wurde.

Für die akute und zeitlich begrenzte Behandlung hingegen eignen sich Glucocorticoide hervorragend, um augenblicklich schwere Schübe der Erkrankung zu durchbrechen.

Orale Glukokortikosteroide bei Neurodermitis: Positive Wirkung oder gefährliche Nebenwirkung?

Spricht der Arzt von der oralen Einnahme von Glukokortikosteroiden, so erschrecken viele Patienten zunächst. Denn mit der Einnahme und der Anwendung von Kortison verbinden die Betroffenen nicht selten Nebenwirkungen.

Ist die orale Therapie mittels Glucocorticoide dennoch eine gute Therapiemöglichkeit bei Patienten mit schweren Schüben der Neurodermitis und anderen Erkrankungen?

Ja – denn Glucocorticoide können schwere, akute Schübe atopischer Dermatitis innerhalb kürzester Zeit durchbrechen und den Hautzustand deutlich verbessern. Durch die immunsuppressive und entzündungshemmende Wirkung wird durch die systemische Einnahme des Wirkstoffs eine deutliche Linderung der Symptome erzielt.

Allerdings dürfen orale Glukokortikosteroide aufgrund des Nebenwirkungsprofils nicht dauerhaft angewendet werden. Es gilt bei der Einnahme, die Vor- und Nachteile abzuwägen.

In der Regel jedoch spricht bei einer kurzzeitigen Einnahme nichts gegen den Einsatz oraler Glucocorticoide. Insofern das Mittel lediglich zum kurzfristigen Durchbrechen akuter Schübe Anwendung findet, sodass sich Nebenwirkungen in der Regel nicht oder nur geringfügig ausprägen können.

Wie sind deine Erfahrungen mit Kortison? Topische oder orale Therapie – lass uns an deiner Geschichte teilhaben. Schau auch gerne in unserer Facebook-Gruppe vorbei – wir freuen uns auf dich!

FAQ zu orale Glukokortikosteroide

Was sind Glukokortikosteroide?

Glukokortikosteroide (auch Glukokortikoide oder Glucocorticoide genannt) gehören zur Klasse der Steroidhormone. Unser Organismus stellt diese lebensnotwendigen Hormone in der Nebennierenrinde her. Sie wirken stark entzündungshemmend.

Sind orale Glukokortikosteroide bei Neurodermitis schädlich?

Im Gegensatz zu topisch angewendeten Glucocorticoiden kommen orale Glucocorticoide aufgrund zahlreicher möglicher Nebenwirkungen nur bei Erwachsenen mit sehr schweren Verläufen einer Neurodermitis zum Einsatz. Eine orale Therapie mittels Glucocorticoiden darf nicht dauerhaft angewendet werden. Die kurzzeitige Einnahme wird jedoch mit sehr guten Ergebnissen bei schweren Verläufen und starken Schüben von Neurodermitis eingesetzt.

Wie werden Glukokortikosteroide bei Neurodermitis angewendet?

Glukokortikoide werden abhängig vom Schweregrad und Ausprägung der Ekzeme entweder lokal oder oral eingesetzt. Um den Hautzustand zu verbessern und Symptome zu lindern, verordnet der Arzt sie in Form einer topischen oder einer systemischen Therapie.

Hier klicken, dann findest du alle Quellenangaben

Quellen:

Caplan A., Fett N., Rosenbach M. et al. (2017): „Prevention and management of glucocorticoid-induced side effects: A comprehensive review“, in: Journal of the american academy of dermatology. URL: https://www.jaad.org/article/S0190-9622(16)30044-5/fulltext (Zugriff am 06.06.2021)

Freier D., Strehl C., Buttgereit F. (2020): „Orale Glukokortikoide“, in: Der Hautarzt. URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00105-020-04543-0 (Zugriff am 06.06.2021)

Liu D., Ahmet A., Ward L. et al. (2013): „A practical guide to the monitoring and management of the complications of systemic corticosteroid therapy“, in: Allergy, asthma, and clinical immunology. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23947590/ (Zugriff am 06.06.2021)

Strehl C., Buttgereit F. (2013): „Optimized glucocorticoid therapy: Teaching old drugs new tricks“, in: Molecular and Cellular Endocrinology. URL: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0303720713000580?via%3Dihub (Zugriff am 06.06.2021)

Yu S.H., Drucker A.M., Lebwohl M., Silverberg J.I. (2018): „A systematic review of the safety and efficacy of systemic corticosteroids in atopic dermatitis“, in: Journal of the american academy of dermatology. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29032119/ (Zugriff am 06.06.2021)