Steffi war in den schlimmsten Zeiten fast komplett in einen Mantel aus Psoriasis gehüllt. Dies führte schließlich soweit, dass sie nur wenig Nähe zulassen konnte und einen Nervenzusammenbruch erlitten hat. Auf der anderen Seite ist sie allerdings auch Schauspielerin und beweist, dass man sich auch in der Öffentlichkeit mit Schuppenflechte präsentieren kann – und nie verstecken sollte. Das Interview mit einer Frau, die gerade durch ihre Haut zu dem wurde, was sie heute ist: Eine spannende Person, die viel über sich und ihr Leben zu erzählen weiß.

Die neue Interview-Reihe mit Psoriasis-Betroffenen: Skinfluencer

Es ist wieder soweit! Ein weiteres Interview in unserer Reihe „Skinfluencer“ erscheint. Im Mittelpunkt stehen dabei immer ganz normale Schuppenflechte-Patienten – so wie du und ich. Zukünftig werden in regelmäßigen Abständen bei Farbenhaut Interviews mit Leidensgenossen erscheinen – zusätzlich zu informativen Berichten und anderen Specials. An dieser Stelle bedanken wir uns bei Steffi für das heutige Interview. Sie war mutig und teilt hier ihre Geschichte. Unsere bisherigen Interviews findest du übrigens an dieser Stelle.

Das Interview mit Steffi

1. Willst du dich kurz vorstellen und uns etwas zu deinem bisherigen Krankheitsverlauf erzählen?

Ich heiße Stefanie, bin 32 Jahre alt und leide seit meinem 17. Lebensjahr an Psoriasis vulgaris. Vom Zeitpunkt der ersten Symptome bis zur endgültigen Diagnose vergingen ganze drei Jahre.
Eines Tages bemerkte ich kleine rote, etwas erhabene Punkte auf meinen Armen und an den Ellenbogen.
Nach einigen Wochen wurden diese Punkte großflächiger und ich hatte den ersten von noch unzähligen folgenden Terminen bei einem Dermatologen. Die Diagnosen reichten von „allergische Reaktion“ über „Hautpilz“ bis hin zu „irgendein Ekzem“ mit dem entsprechenden Rezept für die angeblich passende Creme. Der erste Frust machte sich breit, zumal ich auch erste Reaktionen von außerhalb zu meiner Haut bekam. Nach einer gefühlten Unendlichkeit war es letztendlich meine einfühlsame Hausärztin die eine Hautprobe vornahm. Nun war die Diagnose klar: Psoriasis vulgaris.

2. Was hat sich bei dir seit dem Ausbruch der Krankheit verändert?

Vorweg sei gesagt: Ich war schon als Kind ein lustiges, aufgewecktes frohes Mädchen, eben eine echte rheinische Frohnatur. Doch im Laufe der Jahre habe ich mich durch die Krankheit anders konditioniert. Ich habe ständig kontrolliert, ob auch ja jede Flechte gut unter langen Ärmeln versteckt ist, hatte stets Cremes und Salben dabei, um in jeder Situation im Bad zu verschwinden, um meine trockene Haut zu versorgen. Ich wurde unsicher und mein Selbstbewusstsein verabschiedete sich nach und nach. Ich konnte die Sommermonate nicht mehr richtig genießen, jeder Ausflug in den Park oder an den See bereitete mir teilweise große Probleme aus Angst, jemand könnte etwas sagen oder gar abstoßend finden. In meinen schlimmsten Schüben, in denen fast 80% meiner Haut betroffen war, nahm die Krankheit auch Einfluss auf mein Intimleben. Nackt sein bei Tageslicht? Eine Horrorvorstellung. Streicheleinheiten genießen? Fehlanzeige. Immer wieder hatte ich Gedanken wie „so was kann man doch nicht lieben oder schön finden“. Eine Belastung nicht nur für mich, sondern auch für meinen Partner und meine Familie. Letztendlich konnte ich an mir nichts anderes mehr sehen, außer der Krankheit. Sie hatte mich voll im Griff. Den absoluten Tiefpunkt erreichte ich im Sommer 2016, als ich mal wieder mit einem Rezept für die x-te Salbe abgespeist wurde, und sich alle angestauten Gefühle und Frust in einem Nervenzusammenbruch entluden und ich das erste Mal im Leben wirklich geglaubt habe, dass mein Leben so nicht weitergehen kann.

3. Welche Therapien hast du bereits ausprobiert und was wurde daraus?

Zuerst bekam ich Cremes mit Kortison verschrieben, die kurzfristig eine Verbesserung der betroffenen Hautstellen bewirkten.
Lange Zeit nahm ich Fumarsäure in Form von Tabletten ein, die das weitere Ausbrechen der Krankheit unterbunden haben, aber die Haut nicht erscheinungsfrei machten.
Ich ließ mich 2 Wochen stationär in einer Hautklinik aufnehmen, um die Haut zu stabilisieren. Dort wurde ich täglich mit Licht therapiert und im Anschluss mit Salben eingecremt. Erfolglos.
Heute werde ich mit Biologica behandelt, die ich gut vertrage und auch mein Hautbild hat sich zu 90 Prozent gebessert.

4. Welche Tipps und Tricks kannst du allgemein an andere Betroffene weitergeben?

Das Wichtigste, so finde ich, ist, dass man sich überhaupt behandeln lässt. Ich habe über die Jahre einfach gemerkt, dass diese Krankheit sich automatisch auf das Selbstbewusstsein und auch das Sozialleben auswirken kann, egal wie schwer der Schub ist. Es gibt so viele tolle Möglichkeiten seine Lebensqualität zu erhalten, niemand sollte damit alleine sein.
Und man darf auch nicht unterschätzen, was man selbst dazu steuern kann (Keine Zigaretten, Wenig Alkohol, viel Obst und Gemüse, wenig Zucker usw.)
Und als letzten Tipp: lasst euer Umfeld teilhaben- verschließt euch nicht! Nicht jeder kann es vielleicht nachempfinden wie das Leben mit dieser Krankheit ist, aber ihr solltet niemals damit alleine bleiben, sondern solltet euch ab und an mal ausheulen dürfen… Und wo geht das besser als bei den Liebsten.

5. Was war dein positivstes, was dein negativstes Erlebnis im Zusammenhang mit Schuppenflechte?

Dazu muss ich kurz sagen: Ich arbeite als Schauspielerin am Theater und im TV. Ich habe mir nach und während meiner Ausbildung viele Sorgen gemacht, ob ich überhaupt arbeiten kann, wenn ich einen Schub habe. Die Psoriasis habe ich heute meist nur noch an den Armen, und so wurden meine Kostüme am Theater angepasst, bzw. es wurde abgeschminkt und auch beim Dreh für einen Serienpiloten war es kein Problem. Kurzum: Die Psoriasis stand mir in meinem Beruf noch nie im Weg.
Noch dazu kommt, dass ich dieses Jahr Mitglied in einem Verein wurde, der sich für Menschen mit Autoimmunkrankheiten einsetzt. So kann ich diese Krankheit endlich in etwas Nützliches umwandeln (zur Homepage von NIK e.V.).

6. Was läuft deiner Meinung nach derzeit im Umgang mit Psoriasis falsch?

Mir hat es zu lange gedauert, bis mir ein Arzt erklärt hat, dass Schuppenflechte nicht nur eine Haut- sondern eine Immunerkrankung ist. Und mir fehlt bis heute der Ganzheitliche Ansatz von Seiten der Ärzte. Ich habe gemerkt, dass man selber so viel tun kann, um das Wohlbefinden und den Hautzustand zu verbessern, aber von Seiten der Ärzte wird das nie bestätigt.

7. Was würdest du zu Jemandem sagen, der kürzlich die Diagnose Psoriasis bekommen hat?

Auch wenn es nicht so einfach ist: Aber lass Dich nicht entmutigen! Suche Dir einen Arzt, einen Spezialisten, bei dem Du Dich gut aufgehoben fühlst. Gehe in Dich und schaue, was Du für Deinen Umgang mit Stress und in Sachen besserer Lebensstil tun kannst. Und vor allem: behalte es nicht für Dich! Du wirst sehen, es sind viel mehr Menschen auch in Deinem Umfeld betroffen als Du vielleicht denkst.

8. Welche Themen bzw. Schwerpunkte würdest du dir zukünftig bei Farbenhaut wünschen?

Ich wünsche vor allem Euch, dass Eure Leserschaft weiter wächst! Es ist an der Zeit das Bild Psoriasis in der Gesellschaft verständlicher zu machen. Also weiter so!

Du möchtest auch deine Geschichte teilen?

Nun bist du an der Reihe! Hilf mit, Psoriasis vom fauchenden Löwen zum zahmen Kätzchen zu machen. Mach anderen Mut, offener und selbstbewusster mit der eigenen Krankheit und dem eigenen Körper umzugehen. Verrate deine Tricks, was dich zum Lachen oder zum Verzweifeln bringt. Und wie Willy Brandt schon zu sagen pflegte: „Der beste Weg die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten“. Hilf also auch du mit, die Geschichte von Psoriasis neu zu schreiben und erzähle mindestens zwei Millionen Betroffenen im deutschsprachigen Raum deine Story.