Im neuen Skinfluencer Interview erzählt Marleen, wie sie Anfangs Psoriasis ignoriert hat. Als sie sich endlich auf die Hauterkrankung eher einlassen konnte, ist sie erst einmal in einen Heulkrampf verfallen. Nach unzähligen Therapien hat sie jetzt eine aternative Hautklinik gefunden, die ohne Kortison arbeitet. Und Marleen hat ganz nebenbei durch Schuppenflechte eine tolle Freundin kennengelernt.
Inhalt:
Die neue Interview-Reihe mit Psoriasis-Betroffenen: Skinfluencer
Es ist wieder soweit! Ein weiteres Interview in unserer Reihe „Skinfluencer“ erscheint. Im Mittelpunkt stehen dabei immer ganz normale Schuppenflechte-Patienten – so wie du und ich. Zukünftig werden in regelmäßigen Abständen bei Farbenhaut Interviews mit Leidensgenossen erscheinen – zusätzlich zu informativen Berichten und anderen Specials. An dieser Stelle bedanken wir uns bei Marleen für das heutige Interview. Sie war mutig und teilt hier ihre Geschichte. Unsere bisherigen Interviews findest du übrigens an dieser Stelle.
Das Interview mit Marleen
1. Willst du dich kurz vorstellen und uns etwas zu deinem bisherigen Krankheitsverlauf erzählen?
Mein Name ist Marleen, ich bin 24 Jahre alt und leide seit ca. 10 Jahren an Psoriasis vulgaris. Mit kleinen, unscheinbaren Punkten fing der “Wahnsinn” bei mir an. Ich schenkte ihnen wenig Aufmerksamkeit, bis sie sich immer mehr an meinem Ellenbogen verbreiteten. Die Hautärzte diagnostizierten mir “Psoriasis vulgaris”. Seit diesem Tag lebe ich in einem ununterbrochenen Schub. Eine Ausnahme gab es, als ich Fumaderm genommen habe. Meine Krankheit wurde durch mehrere Faktoren gepusht. Als aller erstes steht auf meiner Liste Stress, dicht gefolgt von Liebeskummer, Familienstreit und Probleme in der Arbeit.
2. Was hat sich bei dir seit dem Ausbruch der Krankheit verändert?
Als aller erstes habe ich meine Krankheit ignoriert, habe ihr keine Aufmerksamkeit geschenkt. Ich habe nicht einmal gegoogelt um zu wissen, was ich da wirklich habe. Als die Stellen jedoch immer größer und unangenehmer wurden, habe ich mich schlau gemacht, und danach weinend meinen Laptop beiseite gestellt. In diesem Moment hat mich meine Krankheit runtergezogen. Ein Leben lang damit leben? Vielleicht später mal Psoriasis Arthritis? Nagelpsoriasis? Meine Kinder auch von meinem Gendefekt befallen? Medikamente die entweder auf die Psyche oder die Gebärfähigkeit schlagen? Warum ich? – resigniert –
3. Welche Therapien hast du bereits ausprobiert und was wurde daraus?
Wie schon oben geschildet habe ich ca. 3 Jahre Fumaderm genommen. Die Therapie wird mit Fumaderm initial eingeleitet. Meine Höchstdosis waren 6 Tabletten täglich. Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Flushs, Kopfweh waren häufig vorhanden. Ein Jahr war ich beschwerdefrei. Als ich Fumaderm abgesetzt habe ging es wieder los. Lichttherapie habe ich ebenfalls durch. Abgesehen davon, dass mich die Schwestern dort ca. zehn mal so dermaßen verbrannt haben, dass ich am ganzen Körper wie ein Krebs aussah und alles weh tat, hat es mir wenig gebracht.
Dann Kortisoncremes, Enstillar, B12 Cremes, Sorium, Kokosfett – erfolglos.
Ich bin seit ca. 2 Wochen wieder zu Hause, ich war in einer Spezialklinik (“Spezialklinik Neukirchen”) die OHNE Kortison arbeitet. Hier wird der Mensch als Patient wahrgenommen und nicht nur die Krankheit. Das Klinikgebäude ist sehr alt und heruntergekommen, weil sie vom Staat nicht gefördert werden. Hier wird jedoch geschaut, was dem Patienten wirklich fehlt. Blutabnahme mit Allergie-Tests, Unverträglichkeiten, Mangel (B12 Mangel, D3, etc), Darmuntersuchung, Urinuntersuchung etc.
Die Klinik arbeitet also mit dem gesamten Körper und nicht nur mit dem Problemfall der Haut. 3 x cremen täglich. 2 x morgens mit abduschen und einer anderen Creme. -> Mein Oberkörper ist ohne Psoriasis Stellen, nur meine Beine brauchen noch etwas länger. Ich kann diese Klinik nur empfehlen, auch wenn sie am A**** der Welt ist!!!!!
4. Welche Tipps und Tricks kannst du allgemein an andere Betroffene weitergeben?
Liebe und akzeptiere dich so wie du bist.
Ich weiß, dieser Satz ist leicht daher gesagt, aber es steckt so viel Wahres drinnen. Ich habe gemerkt, dass viele meiner Bekannten mit der Krankheit nicht umgehen konnten, meine Partner dies nicht “schön” fanden etc.
Ich habe gelernt, trotz Krankheit eine starke, selbstbewusste Frau zu sein, die sich mit allen Schuppen, roten Stellen und Huggeln liebt, die dankbar dafür ist, jeden Tag alleine aufstehen zu können, dass ich mich um mich selbst kümmern kann, dass ich “nur” Psoriasis habe. Das ich die Wunder der Welt noch mit meinen eigenen Augen sehen kann!
Ich habe die Krankheit nicht ausgeschlossen, sondern sie hereingelassen und sie akzeptiert.
5. Was war dein positivstes, was dein negativstes Erlebnis im Zusammenhang mit Schuppenflechte?
Positiv: Ich und eine damals noch Bekannte waren auf einem Festival. Wir hatten davor nicht viel miteinander zutun gehabt. Wir mussten uns jedoch, durch glückliche Zufälle, ein Zelt teilen. Sie sagte: “Bitte denk dir nichts, ich hab sehr trockene Haut und verliere deshalb manchmal Schuppen.” Dazu meinte ich trocken: “keine Sorge, ich habe Schuppenflechte, also denk dir dabei auch nichts”. Da kam ein: “Wirklich?! Ich auch!”
Diese Krankheit hat uns eine Tür zu einer wunderbaren tiefen Freundschaft geöffnet und heute können wir uns gegenseitig wieder hochziehen, wenn wir Witze über unsere Krankheit reißen. Danke für deine Freundschaft <3
Negativ: In der Öffentlichkeit, vor allem im Sommer, die schrägen, angewiederten und entsetzten Blicke von Fremden Menschen, die einen mustern, lästern und tuscheln, was mann da wohl für eine “eklige” Krankheit hat.
6. Was läuft deiner Meinung nach derzeit im Umgang mit Psoriasis falsch?
Eindeutig die Aufklärung über die Krankheit, sei es in der Öffentlichkeit bei Menschen, die diese Krankheit nicht kennen, sowie bei Patienten selbst! Eigentlich holt man sich sein ganzes Wissen nur aus dem Internet oder Foren…
Genauso, dass es nur Mist-Medikamente auf dem Markt gibt! Hier sollte eindeutig mehr in die Forschung investiert werden, und nicht nur in “MTX”, “Immunsuppressiva”, “Biologica” etc….
7. Was würdest du zu Jemandem sagen, der kürzlich die Diagnose Psoriasis bekommen hat?
Es gibt so viele Menschen, die an dieser Krankheit leiden, du bist nicht alleine und du wirst auf Leute treffen, die dein Leid teilen! Bitte bilde dir selbst eine Meinung über die Medikamente und glaube nicht alles sofort was die Ärzte sagen!
8. Welche Themen bzw. Schwerpunkte würdest du dir zukünftig bei Farbenhaut wünschen?
Mehr Geschichten von betroffenen Personen, Studien, Umfragen etc.
Du möchtest auch deine Geschichte teilen?
Nun bist du an der Reihe! Hilf mit, Psoriasis vom fauchenden Löwen zum zahmen Kätzchen zu machen. Mach anderen Mut, offener und selbstbewusster mit der eigenen Krankheit und dem eigenen Körper umzugehen. Verrate deine Tricks, was dich zum Lachen oder zum Verzweifeln bringt. Und wie Willy Brandt schon zu sagen pflegte: „Der beste Weg die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten“. Hilf also auch du mit, die Geschichte von Psoriasis neu zu schreiben und erzähle mindestens zwei Millionen Betroffenen im deutschsprachigen Raum deine Story.
Bernd ist einer der beiden Gründer von Farbenhaut. Er leidet seit über 20 Jahren an Psoriasis, sieht die chronische Hauterkrankung aber mit mehr Gelassenheit als noch vor ein paar Jahren (was ein hartes Stück Arbeit war). Nichtsdestotrotz ist es ihm ein großes Anliegen, Psoriasis einfacher und sozial akzeptierter zu machen.
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